Warum Streiken Arbeitnehmer ?
Ist dieses letzte Mittel des Arbeitskampfes immer noch zeitgemäß oder völlig überflüssig?
Sicher, in der heutigen Zeit muss man froh darüber sein, überhaupt Arbeit zu haben. Auf der anderen Seite sollte sich der Arbeitgeber aber auch auf motivierte Arbeitnehmer freuen. Ein Arbeitsverhältnis ist ein Geben und Nehmen. Der Arbeitnehmer gibt seine Arbeitskraft (körperlich und geistig) und bekommt dafür das fürs Leben notwendige Gehalt. Je mehr ein Arbeitnehmer sich mit seiner Arbeit identifiziert (Spaß, Einsatzfreude, Perspektive, Vertrauen usw.), umso höher fällt seine Arbeitskraft aus. In der Regel drückt (u.a., aber nicht ausschließlich) das Gehalt die Leistung des Mitarbeiters aus.
Soweit die Theorie. Aber wie sieht es in der Praxis aus:
Immer mehr Arbeitgeber beuten die Arbeitnehmer mehr und mehr aus, in dem
- sie sich nicht mehr an dem Inflationsausgleich beteiligen,
- die Arbeitsplätze in künstlich geschaffene Zeitarbeitsplätze umwandelt, um damit den Lohn drastisch zu senken.
- Die Mitarbeiter werden immer mehr zu Sklaven der Arbeitnehmer, mitdenken und eigenverantwortliches Handeln ist in vielen Betrieben nicht mehr erwünscht und wird teilweise sogar unterdrückt.
Die Folge sind unmotivierte Mitarbeiter, die die Arbeit wirklich nur noch als Möglichkeit sehen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, nicht mehr und nicht weniger. Diese Art von Mitarbeitern findet man gerade in den Dienstleistungsberufen, z.B. Arzthelferinnen, Kassiererinnen, Handwerker, Telekommunikationsbereich usw. immer häufiger an („Ist mir doch egal“-Mentalität“ => Servicewüste Deutschland).
Was hat das aber nun mit Streik zu tun ?
Nun, wenn man heutzutage noch das Glück hat, in einem tarifgebundenem Betrieb zu arbeiten, so möchte man natürlich, dass der Arbeitgeber sich an dem Inflationsausgleich beteiligt und entsprechend das Gehalt erhäht und nicht die Arbeitsplätze in Zeitarbeitsfirmen auslagert. Dieser Wunsch ist umso verständlicher, wenn man die Gehälter der Vorstände sich ansieht.
Und die Ausreden der Arbeitgeber in den jetzigen Krisenzeiten greifen auch nicht so wirklich, denn:
Wenn es den Firmen gut geht (z.B. Banken), dann müssen sie tausende von Mitarbeitern entlassen, um Konkurrenzfähig zu sein, und das sind genau die Leute, die den riesigen Gewinn vorher erwirtschaftet haben, der Gewinn, der jetzt u.a. in Millionenhöhe in die Gehälter der Vorstände fließt.
Geht es einer Firma schlecht, so müssen die Kosten reduziert werden, um den Verlust zu minimieren, also Mitarbeiter entlassen und Gehälter kürzen.
Fazit: Es werden immer die Gehälter der kleinen Mitarbeiter gekürzt und die Mitarbeiter entlassen, egal was passiert.
Die Frage, wann ist die richtige Zeit für eine Gehaltserhöhung, ist also völlig unabhängig von der Konjunktur!
Daraus lernen wir auch, dass ein Arbeitgeber gar kein Interesse an motivierten, mitdenkenden Arbeitnehmern hat, der Betrieb sieht die Mitarbeiter nur als Kostenfaktor (und behandelt sie teilweise auch dementsprechend). Arbeitnehmern bleibt also gar nichts anderes übrig, als das uralte Mittel des Streiks wieder herauszuholen. Sicher, schädigt man der eigenen Firma, sicher wird das wieder Arbeitsplätze kosten, klar jammern die Inhaber wieder,
ABER: Das tun sie auch, wenn die Arbeitnehmer nicht ihr Recht einfordern und streiken.
Und wenn ich mir am Beispiel des jetzt aktuellen (Warn-)streiks im Öffentlichen Dienst (der Länder) die Situation mal näher ansehe, sieht man das Übel ganz deutlich:
- bei drei angesetzten Verhandlungsrunden haben die Arbeitgeber in den bisherigen zwei Verhandlungsrunden es noch nicht einmal für nötig befunden, ein Angebot abzugeben, über das man verhandeln könnte. Sicher, die geforderten 8 Prozent scheinen auf den ersten Blick viel zu hoch, aber gar kein Angebot abzugeben (und sei es über ein Prozent), grenzt an Ignoranz und deutet genau die geringe Wertschätzung seiner Arbeitnehmer an, die ich oben skizziert habe
- Der Arbeitgeber schmeißt zur zeit sehr viel Geld zum Fenster raus – er nennt es Konjunkturprogramm – da werden Banken aufgefangen, die vorher die Millionen nur so aus dem Fenster geworfen haben, da sollen Steuergelder in die HSH-Nordbank fließen, damit diese postwended diese Gelder als Dividende wieder an die Anteilseigner ausschütten kann, da werden Abwrackprämien eingeführt, damit der Bürger Kleinwagen – die fast ausschließlich aus dem Ausland kommen – billig erwerben kann (bringt dem Produktionsstandort Deutschland gar nichts); aber für die – im Vergleich zur Wirtschaft – unterbezahlten Mitarbeiter ist kein Geld vorhanden (das wäre auch ein Konjunkturprogramm), statt dessen geht das Auslagern, Privatisieren und Verlagern von Arbeitsplätze in Zeitarbeitsfirmen (z.B. Reinigungskräfte) und ins Ausland immer weiter.
- Es wird immer wieder behauptet, der Staat hat kein Geld, sicher, wenn man sich aber den Jahresbericht des Steuerzahlerbundes so ansieht, sieht man auch, wo die Steuergelder verschleudert werden.
Deutschland hat viele Probleme, gerade durch die aufkommende, und nicht aufzuhaltende Globalisierung:
- zu hohe Lohnkosten im Vergleich zum östlichen Ausland
- zu hohe Lebenshaltungskosten im Vergleich zum östlichen Ausland (Lebensmittel, Miete, Arzneimittel usw.)
- zu hohe Steuern (Progression)
- ein ineffizientes Gesundheitssystem
- ein sehr schlechte Sozialgesetzbuch (sehr viele Ungereimtheiten, unklare Passage, Widersprüche, soziale Ungerechtigkeiten usw.)
- ineffiziente Arbeitsvermittlung (von dem kranken Hartz IV will ich gar nicht reden)
Fazit: Streik schadet unserer Wirtschaft, aber in Zeiten, in den die Arbeitskraft gar nichts mehr zählt und der Arbeitnehmer in vielen Betrieben regelrecht ausgebeutet wird, sieht man sich 100 Jahre zurückgeworfen und hat gar keine andere Wahl, als um sein Recht zu streiken, denn von 7 EUR (oder darunter) kann niemand mehr leben. Deutschland kann froh sein, dass wir wie in Frankreich nicht wegen jeder Angelegenheit streiken dürfen.